Die Abwehr der Gefahren, die durch Extremismus und Terrorismus für unsere Demokratie und die freie pluralistische Gesellschaft bestehen, muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gesehen werden. In Bremen wurde daher für den Bereich des religiös begründeten Extremismus, unter Beteiligung der am stärksten mit der Thematik befassten Ressorts (Kinder und Bildung / Soziales, Jugend, Integration und Sport / Justiz und Verfassung / Inneres), ein umfassendes Präventionskonzept erarbeitet. Die damit einhergehende Einrichtung des Kompetenzzentrums für Deradikalisierung und Extremismusprävention (KODEX) im Jahr 2018 beim Senator für Inneres dient der Umsetzung dieses ressortübergreifenden Präventionskonzeptes.
Die starke Werbe- und Propagandatätigkeit extremistischer islamistischer Gruppierungen kann weltweit junge Menschen erreichen und für die Zwecke von Terrororganisationen, wie dem sogenannten Islamischen Staat, mobilisieren. Die wachsenden Anhängerzahlen salafistischer Gruppen, das Verbreiten propagandistischer Inhalte, die Zunahme von Anschlägen im Namen islamistischer Terrororganisationen und die regelrechten Ausreisewellen junger Menschen aus europäischen Staaten, die sich islamistischen Gruppen im syrischen Bürgerkrieg anschlossen, machten das Thema zu einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung. Neben den Sicherheitsbehörden wurden nun an erster Stelle auch Schulen und Familien mit der Problematik der religiös begründeten Radikalisierung konfrontiert. Globale Entwicklungen und ihre Akteure haben in dieser Thematik eine direkte Auswirkung auf die lokalen Gemeinschaften und stellen somit Behörden, Bildungseinrichtungen, Politik und Zivilgesellschaft vor Ort vor die Aufgabe angemessene Antworten zu finden.
Daneben erwächst eine zusätzliche Gefahr durch die Wechselwirkungen des politischen Extremismus. Durchgeführte, aber auch vereitelte islamistische Anschläge führen im Kontext einer andauernden Terrorgefahr zur Verunsicherung der Gesellschaft. Rechtsextremistische Kräfte nutzen diese Ängste zum Befeuern islamfeindlicher Debatten und sorgen für Diskriminierung und Ausgrenzung und verhindern so das friedliche Zusammenleben der Menschen nachhaltig. Dabei ist das Islamverständnis islamfeindlicher Akteure dem der Islamisten sehr ähnlich, denn beide sehen Islam und Demokratie als unvereinbar an und verneinen und missachten die innere Vielfalt des Islam.
Vor diesem Hintergrund befasst sich KODEX mit der Koordination und der strategischen Ausrichtung der ressortübergreifenden Präventionsarbeit im Bereich des religiös begründeten Extremismus im Lande Bremen sowie an der anforderungs- und bedarfsorientierten Weiterentwicklung des Konzeptes. Auf wissenschaftlicher Ebene vernetzt sich KODEX mit lokalen, nationalen und internationalen Akteuren, um eine fundierte Entwicklung der Präventionsarbeit zu gewährleisten und angemessen auf sicherheitsrelevante Entwicklungen reagieren zu können.
Zu den zentralen Aufgaben von KODEX gehört die Verantwortlichkeit über Maßnahmen der Deradikalisierungs- und Ausstiegsberatung im Bereich der religiös begründeten, tertiären Prävention(1). Für die Durchführung der Beratungsangebote ist der zivilgesellschaftliche Träger Legato-Disengagement durch KODEX beauftragt. Ziel des Beratungsangebots ist eine Loslösung von gewaltbejahenden Ideologien bei den Betroffenen zu erreichen. Die Harmonisierung und Koordination sozialpädagogischer und sicherheitsbehördlicher Maßnahmen ist eine zentrale Herausforderung, denn klassischerweise bestehen hier fachliche und rechtliche Hürden.
Das Bereithalten von Ausstiegsberatungen aus extremistischen Ideologien ist ein notwendiges Angebot der offenen Gesellschaft im Umgang mit dem Konflikt zwischen Meinungs- und Religionsfreiheit einerseits und den Gefahren, die andererseits von extremistischen Ideologien für die öffentliche Sicherheit und für die Betroffenen ausgehen. Gelingende Extremismusprävention kann, neben der Förderung demokratischer Strukturen, einen wesentlichen und effizienten Beitrag zur Herstellung von Sicherheit leisten und somit Sicherheitsbehörden langfristig entlasten.
Als Landeskoordinierungsstelle im Arbeitsfeld der tertiären Extremismusprävention im Phänomenbereich des religiös begründeten Extremismus steht KODEX im Austausch mit Bundesbehörden und vergleichbaren Stellen der anderen Bundesländer. Maßgeblich ist hierfür das Kooperationsnetzwerk der "Beratungsstelle Radikalisierung“ des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als zentrale Plattform für die bundesweite Koordination und dem praxisbezogenen und wissenschaftlichen Austausch zur Extremismusprävention im Bereich des islamistischen Extremismus.
KODEX übernimmt auch die Koordination der notwendigen Maßnahmen bei der Rückkehr von Anhängern islamistischer Terrororganisationen und ihren Angehörigen. Hierfür wird ab Juni 2020 bei KODEX eine zusätzliche Stelle geschaffen, die über das Projekt Rückkehrkoordination durch das BMI gefördert wird.
Das Konzept von KODEX finde Sie hier.